Die eigenen vier Wände: Viele bekommen bei diesem Gedanken glänzende und verträumte Augen. In Deutschland sind zwei Modelle zur Baufinanzierung besonders beliebt: Bausparvertrag und klassisches Annuitätendarlehen.
Lange Zeit als Langweiler-Option verschrien, steigt die Anzahl aufgenommener Bauspardarlehen seit dem Ende der 1990er Jahre an. 2015 existierten in Deutschland rund 30 Millionen dieser Verträge.
Doch wie funktioniert das Bausparen genau? Für welche Typus Häuslebauer lohnt sich eine Finanzierung mittels Bausparvertrag? Welche Vor- und Nachteile bietet diese Möglichkeit der Baufinanzierung?
Im folgenden Ratgeber dreht sich alles um den Bausparvertrag. Informationen zum Ablauf des Verfahrens finden Sie genauso wie einen Vergleich der „klassischen Baufinanzierung“ durch ein Darlehen mit dem Bausparvertrag.
Kurz & knapp: Informationen zum Bausparvertrag für Schnellleser
Hierbei handelt es sich um eine Form der Baufinanzierung, bei welcher die Sparer zuerst eine gewisse Summen einzahlen müssen. Das bedeutet, erst wenn Sie eine gewisse Summe angespart haben, können Sie auf das Darlehen zugreifen.
Ein Bausparvertrag gliedert sich in drei Phasen: Ansparung, Zuteilung und Darlehen. Aufgrund der Ansparphase benötigt diese Finanzierungsoption eine längerfristige Planung. Ein Haus kann also nicht sofort gebaut oder gekauft werden.
Steigen Bauzinsen in der Zukunft, lohnt sich ein Bausparvertrag in der Regel – sofern Sie das darin enthaltene Darlehen auch aufnehmen. Allerdings sind Planungssicherheit und niedrige Zinsen gegen lange Wartezeiten abzuwägen.
Inhalt
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Weiterführende Artikel: Rahmenbedingungen rund um den Bausparvertrag
Wie funktioniert ein Bausparvertrag? Erklärung, Beispiel und Tipps zum Bausparen
Das Prinzip eines Bauspardarlehens ist einfach: Ziel der Bausparer ist es, über eine vorab bestimmte Summe zu verfügen, um damit beispielsweise ein Haus zu bauen. Der „Deal“ mit der Bank bzw. Bausparkasse funktioniert folgendermaßen: Zunächst muss der Kreditwillige einen gewissen Teil dieser Summe selbst ansparen und auf ein dafür vorgesehenes Konto einzahlen; anschließend kann er über den Betrag verfügen und erhält ein zusätzliches Darlehen, welches ihm die Erfüllung seiner Pläne ermöglicht.
Die erste Phase beim Bauspardarlehen trägt den bezeichnenden Namen „Ansparphase“. In monatlichen Raten spart der Kreditnehmer die notwendige Summe zusammen. In der Regel verlangen Bausparkassen, dass 40 bis 50 % der Bausparsumme in dieser Phase zusammenkommen. Auf die Einzahlungen gewähren Banken einen vorab bestimmten Zinssatz, sodass sich für die Sparer ein Anreiz bietet.
Haben Sie die im Bausparvertrag festgelegte Bausparsumme anteilig erreicht und die entsprechenden Fristen eingehalten, können Sie die Zuteilung des Darlehens beantragen. Diese dauert erfahrungsgemäß etwas Zeit. Mit Auszahlung des Kredits kehrt sich das Verhältnis zwischen Bank und Kunde um: Nun müssen Sie Zinsen zahlen und erhalten keine mehr.
Bausparen? Nur im Kollektiv!
Auch, wenn Bausparer natürlich einen individuellen Vertrag mit ihrer Bausparkasse abschließen, treten sie mit Vertragsschluss in eine größere Gemeinschaft ein: dem sogenannten „Bausparkollektiv“.
Alle Bausparer zahlen sowohl in der Ansparphase als auch bei der Tilgung des Darlehens gewissermaßen in einen großen Topf ein. Die Bank fungiert hier gewissermaßen als Verwalter und Verteiler der entsprechenden Summen. Wird ein Darlehen zuteilungsreif, schöpft die Bausparkasse dessen Betrag von dem gemeinsam Ersparten ab.
Auf diesem Weg gehen die Kassen nicht in Vorleistung sondern vergeben nur Geld, welches von dem Kollektiv angesammelt wurde. Es handelt sich also gewissermaßen um ein sich selbst tragendes Prinzip, bei welchem die Banken für ihre Verwaltungstätigkeiten durch die Zinsabgaben entlohnt werden.
Beispiel: So läuft eine Finanzierung mit Bausparvertrag ab
Verdeutlichen wir die Funktionsweise von einem Bausparkredit mithilfe eines Beispiels. Dieses richtet sich nach den Konditionen, welche Ende 2016 üblich zu finden waren:
Bausparsumme: 100.000 Euro
Erforderliches Sparguthaben zur Zuteilung: 50.000 Euro
Guthabenzinsen: 0,25 %
Darlehenszinsen: 1,5 %
Zunächst zahlen Sie also regelmäßig Geld ein, bis Sie 50.000 Euro angespart haben. Um dies innerhalb von 10 Jahren zu erreichen, müssen Sie knapp 420 Euro monatlich einzahlen. Anschließend erhalten Sie Ihr Sparguthaben zurück und zusätzlich einen Kredit über 50.000 Euro.
Diesen gilt es nun zu tilgen. Dafür zahlen Sie monatliche Raten, welche sich aus Tilgungssatz und Zinszahlung zusammensetzen.
Weiterführende Artikel: Diese Änderungen können Sie bei Ihrem Bausparvertrag vornehmen
Beabeitungsgebühren sind beim Bausparvertrag oft unzulässig!
Ende 2016 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass sogenannte Darlehensgebühren, welche Bausparkassen zur Auszahlung des Kredits verlangen, nicht zulässig sind. Als Begründung hält der BGH fest, dass die Bearbeitungsprozesse, welche sich die Banken bezahlen lassen wollen, deutlich mehr im Interesse der Kreditgeber als dem der -nehmer liegen.
Infolgedessen müssen Bausparer auch nicht für den Aufwand aufkommen. Haben Sie entsprechende Zahlungen innerhalb der letzten drei Jahre geleistet, können Sie diese Bearbeitungsgebühren zurückverlangen.
Klassisches Darlehen vs. Bausparvertrag: Dies sind die Stärken und Schwächen der Modelle
Möchten Sie eine Immobilie erwerben oder bauen? In dieser Situation stehen viele vor der Wahl der Finanzierungsoption: Soll es ein Bausparvertrag oder ein grundpfandrechtlich abgesichertes Annuitätendarlehen sein? Im Folgenden werden beide Möglichkeiten miteinander verglichen und deren jeweiligen Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen.
Diese Vorteile bietet ein Bausparvertrag gegenüber der Baufinanzierung
In Sachen Planungssicherheit bleibt der Bausparvertrag ungeschlagen. Bausparer haben die Möglichkeit, einen zuteilungsreifen Vertrag ruhen zu lassen oder weiter einzuzahlen – die Option der Darlehensaufnahme bleibt dabei bestehen.
Ein scheinbarer Widerspruch zur Planungssicherheit eines Bausparkredits ist dessen Flexibilität in Sachen Beendigung. Unter Berücksichtigung einer dreimonatigen Kündigungsfrist können Sie als Kunde Ihren Vertrag jederzeit kündigen. Beim grundpfandrechtlich abgesicherten Annuitätendarlehen ist dies in der Regel nur in Verbindung mit der Zahlung einer teuren Vorfälligkeitsentschädigung möglich.
Die Zinssätze, welche der Darlehensnehmer zu zahlen hat, sind bei Bausparverträgen deutlich geringer, als bei gewöhnlichen Baufinanzierungen.
Zudem haben Hausbauer in spe bei ersterer Variante die Sicherheit, dass keine teure Erhöhung des Satzes stattfindet. So gesehen ist ein Bausparvertrag eine Absicherung gegen hohe Zinsen.
In Zeiten niedriger Zinsen lohnt sich die Aufnahme dieser Finanzierungsart also besonders – so sichern Sie sich für die Zukunft, wenn die Zinsen wieder steigen, traumhafte Konditionen. Dies gilt allerdings nur für den Fall, dass Sie den an den Vertrag gekoppelten Kredit auch wirklich aufnehmen möchten. Dazu an späterer Stelle mehr.
Nicht zuletzt haben Bausparer in vielen Fällen die Möglichkeit, eine staatliche Förderung zu beantragen – sei es eine Wohnungsbauprämie oder beispielsweise eine Arbeitnehmersparzulage.
Nachteile beim Bausparen
Für Kurzentschlossene ist ein Bausparvertrag nur schwer zu ertragen: Zunächst gilt es, jahrelang Geld einzuzahlen, ohne auf dieses zuzugreifen. Anschließend folgt die nächste Wartezeit: Auch, wenn der Vertrag zuteilungsreif, kann es Monate bis zur Auszahlung des Kredits dauern. Nicht nur die Ungeduld des Hausbesitzers in spe ist hier problematisch, auch möchten viele potenzielle Verkäufer nicht so lange warten, bis sie ihre Immobilie sicher abgegeben haben.
Die Höhe der monatlichen Tilgungsraten lässt sich bei einem Annuitätendarlehen deutlich flexibler gestalten. Anders als Bausparkassen haben die Kreditgeber in diesem Fall ein Interesse daran, den Kredit so lange wie möglich bestehen zu lassen. Kleinere Raten sorgen für eine längere Rückzahlung und dementsprechend für eine längere Darlehenslaufzeit.
Für wen ist das Bausparen geeignet?
Zusammenfassend stellt sich heraus, dass ein Bausparvertrag nur für einen bestimmten Typus Kreditnehmer sinnvoll ist. Entgegen einer häufigen Annahme sind Bauspardarlehen nämlich keine Kredite für Jedermann.
Folgende Merkmale sprechen für die Aufnahme eines Bausparvertrags:
- Sie möchten nicht sofort mit dem Erwerb einer Immobilie loslegen
- Sie haben die Kapazitäten, regelmäßig Geld einzusparen
- Sie können zum Zeitpunkt der Tilgung des Darlehens hohe monatliche Abgaben leisten
Exkurs: Auf den Zins kommt es an!
Sowohl bei Baufinanzierungen als auch bei Bauspardarlehen ist die Höhe der Zinsen von bedeutender Relevanz. Beim Bausparvertrag sind zwei Zinssätze wichtig:
- Jene Zinsen, welche die Bank auf die Spareinzahlungen gewährt
- Jene Zinsen, welche Sie in der Darlehensphase zur Tilgung des Kredits bezahlen müssen
Beim gewöhnlichen Annuitätendarlehen sind nur letztere wichtig.
Seit der sogenannten „Eurokrise“ im Jahre 2008 sind die Bauzinsen drastisch gefallen. Lagen Sie Anfang 2008 noch über 5 %, pendelten sie sich 2016 mitunter weit unter 1,5 % ein. Dies bedeutet, dass Annuitätendarlehen für Verbraucher „günstiger“ zu erlangen sind. Umgekehrt bedeuten Niedrigzinsen in der Regel, dass sich die Gewinne der Banken reduzieren. Bausparer erhalten auf ihr mühsam Erspartes entsprechend wenig Zinsen – Ende 2016 lag der Satz bei 0,25 %.
In der Frage, welche Art von Darlehen sich mehr lohnt, ist es daher ratsam, ein wachsames Auge auf die Entwicklung der Bauzinsen und dessen Einfluss auf die jeweiligen Kreditkonditionen zu richten. Dies erleichtert Ihnen die Entscheidung für das eine oder andere Modell.
Lohnt sich ein Bausparvertrag zum Sparen?
Neben der klassischen Verwendung von einem Bausparvertrag zur Finanzierung einer Immobilie wird dieser ebenfalls gerne als Kapitalanlage genutzt. Das eingesparte Guthaben liegt sicher auf dem Konto und generiert jedes Jahr mehr Geld – so zumindest die Vorstellung einiger Sparer in spe. In der Praxis lohnt sich ein solcher Vertrag zum Sparen nur unter bestimmten Umständen.
Wenn folgende Gegebenheiten stimmen, kann sich ein Bausparvertrag als Geldanlage bezahlt machen:
- Die Guthabenzinsen sind hoch – vergleichen Sie die Zinsrate daher mit denen der vergangenen Monate und Jahre, um ein Gespür zu entwickeln
- Sie benötigen das Ersparte Geld nicht kurzfristig, sondern können es unangetastet liegen lassen
- Sie können die vorgegebenen Sparraten einhalten
Folgender Abschnitt erklärt, weshalb sich ein Bausparvertrag im Fall eines vorherrschenden Niedrigzinses nicht zur Kapitalgewinnung eignet.
Geldanlage Bausparvertrag? Nicht in Zeiten niedriger Zinsen!
Die Schwankungen des Finanzmarkts bestimmen, inwieweit sich ein Bauspardarlehen als Kapitalanlage lohnt, oder nicht. Gewiss erhalten Bausparer einen Zinssatz auf Ihr Erspartes und im besten Fall ebenfalls eine Bonusprämie, weil sie das vorgesehene Darlehen nicht in Anspruch nehmen. Demgegenüber stehen allerdings gewisse Kosten und die Inflationsrate des Landes.
Bausparkassen verlangen am Moment des Vertragschlusses eine Abschlussgebühr in Höhe von 1 bis 1,5 % der Bausparsumme. Dieser Betrag ist mit dem Zinsplus und der Prämie zu verrechnen. Diese beträgt in der Regel ebenfalls bis zu 1,5 % zusätzlich pro vergangenes Jahr. Es empfiehlt sich, die Option der Aufnahme eines Bausparvertrags zu reinen Sparzwecken vorab mit einem Experten zu besprechen.
Nehmen wir ein Beispiel:
Bausparsumme: 200.000 Euro
Sparsumme: 100.000 Euro
Sparzeit: 4 Jahre
Abschlussgebühr (1,5 %): 3.000 Euro
Zinssatz in der Ansparphase: 0,25 %
Prämie: 1,0 %
Berechnung:
Sparbetrag im 1. Jahr: 25.000 Euro
Zinsen (inkl. Prämie) im 1. Jahr: 312 Euro
Sparbetrag im 2. Jahr: 50.000 Euro
Zinsen (inkl. Prämie) im 2. Jahr: 625 Euro
Sparbetrag im 3. Jahr: 75.000 Euro
Zinsen (inkl. Prämie) im 3. Jahr: 937 Euro
Sparbetrag im 4. Jahr: 100.00 Euro
Zinsen (inkl. Prämie) im 4. Jahr: 1.250 Euro
Gesamtzinsen: 3.124 Euro
Auch, wenn diese Berechnung der Komplexität der Materie aufgrund zahlreicher Aufrundungen nicht gerecht wird, zeigt sich der negative Einfluss extrem niedriger Zinsen, wie sie 2016 vorherrschten. Trotz Prämie erreichten die Zinseinnahmen lediglich den Betrag der Abschlussgebühr.
Umgekehrt gelten alte Verträge mit höheren Zinssätzen als durchaus profitable Geldanlagen. Haben Sie beispielsweise einen Bausparvertrag mit 5 oder gar 8 % Sparguthabenzinsen, wirft dieser deutlich mehr Rendite ab, als aktuelle Sparmodelle, welche mit ähnlich geringen Risiken behaftet sind.
Banken müssen bei diesen älteren Verträgen allerdings mit einem gehörigen Verlust leben: Während sie hohe Zinsen bezahlen müssen, erhalten sie von neueren Bausparern nur geringe Tilgungszinsen. Aus diesem Grund wird mehr als ein solcher Bausparvertrag von der Bausparkasse gekündigt. Allerdings ist diese Kündigung nicht in jedem Fall wirksam, in vielen Fällen können sich Verbraucher mithilfe eines Widerspruchs wehren!