Kann ein Kreditnehmer seinen Pflichten nicht mehr nachkommen, droht ihm eine Kündigung des Darlehens seitens der Bank.
Dies ist gerade bei Immobilienkrediten besonders schmerzhaft: Oft ist die Kündigung mit einem Zwangsversteigerungsverfahren der finanzierten Immobilie verbunden.
Viele Banken verlangen zudem noch zusätzliche Zahlungen: Eine Vorfälligkeitsentschädigung wird fällig. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied im Januar 2016 allerdings, dass eine solche Zusatzforderung unzulässig ist.
Im Folgenden erfahren Sie, wie der BGH seinen Entschluss begründet und welche rückwirkende Konsequenzen sich aus dem Urteil ergeben.
Kurz & knapp: Vorfälligkeitsentschädigung zurückholen für Schnellleser
Können Verbraucher die Raten für einen Kredit in zwei aufeinander folgenden Monaten nicht begleichen, ist eine Kündigung möglich.
Kündigt die Bank ein Darlehen, wird die Restschuld umgehend fällig. Zusätzlich dazu fallen noch Verzugszinsen an. In der Vergangenheit verlangten die Banken zusätzlich außerdem die Vorfälligkeitsentschädigung. Dieses Vorgehen war laut BGH allerdings unrechtmäßig.
Nein, denn der zugrunde liegende Paragraph (§ 497 Absatz 1 BGB) wurde im Juni 2010 überarbeitet. Das Urteil des BGH betrifft somit ausschließlich Verträge, die die vor Juni 2010 geschlossen wurden.
Inhalt
Kündigung durch die Bank: Ein Worst-Case-Szenario
Unter Umständen reichen zwei aufeinanderfolgende, nicht beglichene Raten, um eine Kündigung seitens der Bank zu rechtfertigen. Dies bringt manch einen Kreditnehmer in die Bredouille: Er muss daraufhin das komplette restliche Darlehen begleichen.
Dieses muss zusätzlich mit sogenannten „Verzugszinsen“ verzinst werden. Verlangt die Bank noch einen weiteren Schadensersatz, kann dies schwerwiegende Konsequenzen – etwa eine Insolvenz – nach sich ziehen.
Eine Kündigung ist in diesem Kontext für Banken besonders lukrativ. Einige Kreditinstitute „lauern“ aufgrund dessen regelrecht auf Kunden, welche in zeitweilige Zahlungsschwierigkeiten geraten.
Der BGH entschied im Januar 2016, dass der Verzugszins die einzige Strafzahlung im Falle einer Bankkündigung sein darf. Die Höhe dieses Zinses ist genau festgelegt. Eine zusätzliche Forderung ist unzulässig.
Der besprochene Gesetzespassus (§ 497 Absatz 1 BGB) ist im Juni 2010 überarbeitet worden. Das Urteil des BGH gilt daher für jene Verträge, die vor Juni 2010 geschlossen und anschließend von dem Kreditgeber gekündigt worden sind.
Die Vorgeschichte des Urteils
Bereits 2013 stand die Vorfälligkeitsregelung bei von der Bank gekündigten Krediten auf dem Prüfstand des BGH. Dieser ließ bereits dann in der mündlichen Verhandlung des Falles durchklingen, dass er eine drastische Begrenzung der Entschädigungssumme anstrebt.
Indem die betroffene Bank daraufhin auf die Rückforderung des Klägers einging, kam es 2013 zu keinem schriftlichen Urteil.
Ein schriftliches BGH-Urteil hat nämlich eine starke Wirkung: In sämtlichen folgenden Fällen können sich Verteidiger auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs beziehen.
Was bedeutet dies für den Verbraucher?
Dieses Urteil bekräftigt die Rechte der Verbraucher: Durch eine außerordentliche Kündigung darf ein Kreditnehmer keinen Profit schlagen.
Die Besonderheit der BGH-Entscheidung: Sie betrifft Kündigungen, die bis zu zehn Jahre zurückliegen.
Verbraucher, denen also innerhalb der letzten zehn Jahre ein Darlehen inklusive Vorfälligkeitsentschädigungsforderung gekündigt wurde, sollten daher schnellstens mit einem Anwalt Kontakt aufnehmen, welcher sich auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert hat.
Eine drohende Zwangsversteigerung abwenden
Oftmals sind Kreditnehmer bei einer Verzugskündigung nicht in der Lage, die verzinste Restschuld und eine zusätzliche Vorfälligkeitsentschädigung abzuleisten. Banken drohen in diesem Fall mit einer Zwangsversteigerung, welche sie aufgrund der erhaltenen Grundpfandrechte auch durchsetzen können.
Durch das BGH-Urteil steht den Verbrauchern und ihren Anwälten ein Verhandlungsmittel zu Verfügung, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen.