Ist eine Vorfälligkeitsentschädigung auch für gewerbliche Darlehen relevant?

Von Bernd V.

Letzte Aktualisierung am: 6. August 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Die Vorfälligkeitsentschädigung für gewerbliche Darlehen kann hoch ausfallen.
Die Vorfälligkeitsentschädigung für gewerbliche Darlehen kann hoch ausfallen.

Nicht nur Verbrauchern droht eine Vorfälligkeitsentschädigung: Für gewerbliche Darlehen gelten sogar noch strengere Regeln als für Verbraucherkredite. Unternehmer müssen beim Vertragsschluss also doppelt wachsam sein.

Der Widerrufsjoker wird oftmals in Verbindung mit Verbraucherdarlehensverträgen genannt, doch wie sieht es aus, wenn eine Finanzierung von Bank zu Unternehmer abgeschlossen wurde? Droht eine Vorfälligkeitsentschädigung auch für gewerbliche Darlehen, wenn diese vorzeitig beendet werden?

In diesem Artikel finden Sie alle Informationen zum Widerrufsrecht für gewerbliche Kredite.

Kurz & knapp: Informationen zur Vorfälligkeitsentschädigung für gewerbliche Darlehen für Schnellleser

Lässt sich der Widerrufsjoker auch bei einem gewerblichen Darlehen anwenden?

Nein, der Widerrufsjoker gilt nicht für gewerbliche Darlehen.

Wie hoch darf die Vorfälligkeitsentschädigung bei einem gewerblichen Darlehen sein?

Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung ist für gewerbliche Darlehensnehmer gesetzlich nicht gedeckelt. Die Bank ermittelt diese mittels einer komplizierten Rechnung. Ein wichtiger Faktor ist dabei unter anderem die Höhe der Restschuld.

Können Selbstständige ein gewerbliches Darlehen widerrufen?

Nein, als Selbstständiger gelten Sie als Unternehmer – dann können Sie Ihren Kredit grundsätzlich nicht widerrufen.

Ist die Vorfälligkeitsentschädigung ein Zinsaufwand?

Ja, laut Angaben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) wird die Vorfälligkeitsentschädigung als Zinsaufwand anerkannt. Der Betrag kann als Betriebsausgabe abgezogen werden. Auch Privatleute können unter gewissen Umständen die Vorfälligkeitsentschädigung von der Steuer absetzen.

Verbraucher oder Gewerbetreibender? Ein bedeutender Unterschied

Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist für gewerbliche Darlehen auch möglich.
Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist für gewerbliche Darlehen auch möglich.

Das deutsche Recht achtet insbesondere auf das Recht von Verbrauchern, wenn diese Rechtsgeschäfte mit Profis abschließen. Um eine Übervorteilung auszuschließen, gilt für Verbraucher beispielsweise ein Widerrufsrecht.

Diese besondere Vorsicht fällt jedoch in jenem Moment weg, in dem zwei Geschäftsleute einen Vertrag untereinander vereinbaren.

Die genauen Definitionen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert:

Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. (§ 13 BGB)

Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. (§ 14 BGB)

Stellt sich heraus, dass Sie einen Verbrauchervertrag abgeschlossen haben, obwohl Sie einen Kredit für gewerbliche Zwecke nutzen, können teure Konsequenzen drohen.

Dies kann beispielsweise schon dann der Fall sein, wenn Sie als Selbstständiger einen Ratenkredit zur Finanzierung eines Autos aufnehmen, welches Sie nur für Ihre Arbeit nutzen.

Für Unternehmer ist kein Widerruf möglich

Gelten Sie laut Recht als Unternehmer, müssen Sie beim Vertragsabschluss eines Darlehens besonders wachsam sein. Die Option eines Widerrufs steht Ihnen nämlich nicht offen: Der Darlehensvertrag wird unmittelbar nach der gegenseitigen Unterschrift rechtskräftig.

Beenden Kunden gewerbliche Darlehen innerhalb der Zinsbindung – etwa indem sie eine Kündigung vornehmen – droht eine teure Vorfälligkeitsentschädigung für den Vertragsbruch. Hierbei kann die Bank jenen Schaden in Rechnung stellen, welcher ihr reell aufgrund des vorzeitigen Endes entstand.

Auch die Gewinne, mit welchen eine Bank laut Darlehensvertrag fest rechnen konnte, müssen unter Umständen entschädigt werden.

Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung hängt davon ab, wie sehr sich die Zinsen seit Vertragsschluss verändert haben, wie lange die vertraglich vereinbarte Zinsbindung noch gelten müsste und wie hoch die Restschuld ist.

Die Vorfälligkeitsentschädigung für gewerbliche Darlehen umgehen? Leider wenig Optionen

Bedenken Sie bevor Sie unterschreiben: Die Vorfälligkeitsentschädigung für gewerbliche Darlehen ist schwer zu umgehen.
Bedenken Sie bevor Sie unterschreiben: Die Vorfälligkeitsentschädigung für gewerbliche Darlehen ist schwer zu umgehen.

Da grundsätzlich kein Widerrufsrecht für gewerbliche Darlehen gilt, ist es für Darlehensnehmer schwer, einen solchen Kredit ohne Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig zu beenden. Dies ist besonders im aktuellen Kontext ärgerlich: Die Zinsen in Deutschland und Europa sind noch vergleichsweise niedrig.

Im Falle einer Umschuldung ist es daher nicht möglich, die Vorfälligkeitsentschädigung für gewerbliche Darlehen zu umgehen. Sie erkaufen sich den verbesserten Zinssatz in diesem Fall teuer.

Ein Lichtblick: Vielleicht können Sie den gezahlten Schadensersatz von der Steuer absetzen.

Verkaufen Sie allerdings ein finanziertes Haus und erwerben zeitnah ein ähnlich wertvolles Objekt, können Sie die teure Zahlung verhindern.

In diesem Fall können Sie nämlich bei Ihrer Bank einen Pfandtausch durchsetzen. Die aufgenommene Baufinanzierung bleibt dabei bestehen, lediglich die hinterlegte Sicherheit wird ausgetauscht. Der BGH entschied, dass eine Bank diesem Tausch zustimmen muss (Urteil vom 03.02.2004, Az.: XI ZR 398/02).

Quellen und weiterführende Links

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Über den Autor

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Bernd V.

Bernd hat eine abgeschlossene Ausbildung als Einzelkaufmann und arbeitete mehrere Jahre im Elektrofachhandel. Anfang 2020 stieß er zum Team von vorfaelligkeitsentschaedigung.net und arbeitet seitdem für uns als Redakteur. Er schreibt vor allem übers Finanzrecht und gibt Ratschläge zu Darlehen und Kreditverträgen.

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